Ab einer gewissen Größenordnung sind Bauprojekte sehr komplex und werden auf Grundlage unterschiedlicher Vertragsmodelle geplant und gebaut. Damit die Projekte kontrolliert und effizient durchgeführt werden können, muss eine Vielzahl an Akteuren hinsichtlich Inhalten, Qualität, Terminen und Kosten koordiniert werden. Unzureichende Organisation führt unweigerlich zu mehr Risiken in Form von Zeitverlust, höheren Kosten oder Qualitätsmangel. Zwei Ansätze, die sich dabei ergänzen, eignen sich hervorragend dafür, die Effizienz von Bauprojekten zu erhöhen sowie Probleme weitgehend zu vermeiden: Lean Construction und BIM.
Was versteht man unter Lean Management?
Lean bedeutet „schlank“. Der Begriff geht auf eine Studie des MIT aus den 1990er Jahren zurück, die sich mit den Unterschieden in den Entwicklungs- und Produktionsbedingungen in der Automobilindustrie befasste. Die dabei erarbeiteten Prinzipien für ein besonders effizientes und qualitativ überlegenes Entwicklungs- und Produktionssystem fassten die Autoren unter der Bezeichnung Lean Production zusammen. Diese Grundsätze wurden wenig später verallgemeinert und unter dem Begriff Lean Management auch auf andere Branchen übertragen. Im Lean Management geht es nicht mehr nur um die Produktion, sondern um die generelle Führung und Organisation. Lean Construction bedeutet demnach: schlank Planen und Bauen.
Der Hauptfokus in der Lean Construction, liegt auf der generellen Vermeidung von Verschwendung, und dementsprechend auf einer transparenten und strukturierten Organisation. Als Verschwendung gelten dabei alle Tätigkeiten, die nicht den Wert eines Produktes aus Kundensicht erhöhen. Hierzu zählen unter anderem Mehrfachplanung, Überproduktion, Planungsfehler und Ausführungsmängel, überflüssige Lagerbestände, unnötige Arbeiten und Wege sowie Wartezeiten und überflüssiger Transport.
Die fünf Lean-Prinzipien
1. Kundenwert: Der Prozess wird stets aus Sicht des Kunden betrachtet. Alle Aktivitäten werden daran ausgerichtet. Änderungen am Prozess sind nur bei einer Schaffung von Mehrwert aus Kundensicht annehmbar. um dieses Prinzip dauerhaft zu berücksichtigen, ist eine permanente Kommunikation mit dem Kunden essentiell.
2. Wertstrom: Mit dieser Kundensicht werden alle bestehenden Prozessschritte betrachtet und hinsichtlich ihres Beitrags zum Endprodukt, also dem Bauwerk, in wertschöpfend oder nicht-wertschöpfend unterteilt. Wertschöpfende Schritte fügen dem Bauwerk direkten Wert hinzu. Nicht-wertschöpfende Schritte bilden hingegen keinen Mehrwert und stellen somit Verschwendung dar. Bei diesem Punkt muss beachtet werden, dass einzelne Prozessschritte für den Kunden nicht wertschöpfend sein können, jedoch für die Erstellung notwendig sind.
3. Fluss: Im Gegensatz zur Ressourceneffizienz, bei der das Ziel in der effizienten Nutzung der Ressourcen besteht, wird bei der Flusseffizienz der Fokus auf die Einheit gelegt, die durch die Organisation hinweg verarbeitet wird, und versucht, deren Verhältnis zwischen wertschöpfenden Aktivitäten in ihrer gesamten Durchlaufzeit zu optimieren. Somit wird keine Ressourcenoptimierung, sondern eine Prozessoptimierung angestrebt.
4. Pull: Nach dem Pull-Prinzip wird die Herstellung oder der Transport eines Produkts bedarfsgerecht durch die Nachfrage am Ende der Prozesskette initiiert. Dabei wird ein „Sog“ erzeugt, wodurch lediglich das produziert wird, was der Kunde benötigt.
5. Null-Fehler-Prinzip: Durch das Anregen der Mitarbeiter, Arbeitsprozesse zu hinterfragen und deren Befähigung, Verschwendung im Prozess zu erkennen, soll das Ziel der kontinuierlichen Verbesserung verfolgt und damit nach Perfektion gestrebt werden.
BIM und Lean Construction
Lean Construction und BIM sind nicht nur deshalb ein perfektes Paar, weil sie dasselbe Ziel, nämlich die Optimierung der Planungs- und Bauprozesse, anstreben. Sie verhalten sich auch komplementär zueinander. BIM bietet die ideale Grundlage für eine schlanke Baustelle. Das Planen an einem Gebäudemodell sorgt für eine verlässliche, weitgehend fehlerfreie Datenlage, die allen weiteren Prozessen notwendigerweise zugrunde liegen muss. Die Verwendung der BIM-Modelle über den gesamten Gebäudelebenszyklus verhindert die wiederholte Erstellung der gleichen Informationen. 4D- und 5D-Modelle ermöglichen es darüber hinaus durch verlässliche Zeit und Mengenkalkulationen, Ziele wie die Minimierung der Durchlaufzeit beziehungsweise das Erreichen einer höchstmöglichen Flusseffizienz, die Umsetzung des Pull-Prinzips sowie allgemein die Vermeidung von Verschwendung planerisch umzusetzen. Das Lean Management mit seinen zugrundeliegenden Prozessanalysen (auch außerhalb der reinen Planung) bietet wiederum umgekehrt die perfekte Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten mit BIM.
ALLPLAN und Vollack bieten am 12. Februar und am 1. März 2021 ein halbtägiges Webinar zum Thema „BIM und Lean Management – Theorie und Praxis“ an. Hier erfahren Interessierte alles über die Methode, die das Bauen auf eine neue Stufe hebt. Interessierte finden hier weitere Informationen und können sich für das Webinar anmelden: BIM und Lean Management – Theorie und Praxis
Weitere Ausführungen und Tipps für die Kombination von Lean Construction und BIM finden Sie hier.